Donnerstag, 25. Juni 2009

Pfützengesichter

Ich blickte in eine Pfütze und sah in das Gesicht der Fremden. Ihre Haare hingen lang herab, sie waren verfilzt, fettig und strähnig. Ihr Gesicht war schmutzig, die Haut mit schon getrockneten Schlammflecken übersät. Ihre Augen sahen mich trotzig an, das Kinn war stolz vorgereckt.
Sie trug nichts als schlecht zusammengenähtes Leinen, das wie ein Mehlsack an ihr herab hing. Man erkannte keine Formen unter dem Stoff, man sah nur wieder ihre schmutzigen Füße, die ohne Schuhe auf dem Boden standen und begannen ein Loch in den Boden zu scharren.
Ihre Arme waren vor der Brust verschränkt, als sie den Blick etwas zur Seite drehte.
In ihr Blickfeld war nun ein Mann geraten, struppiges Haar, leichte Lederkleidung, die mehr aus Löchern denn aus Leder bestand. An dem Gürtel des jungen Mannes baumelten zwei Dolche, auf seinem Rücken Bogen und Köcher.
Seine Augen funkelten, seine Hände stütze er in die Hüften, wo ein Band versuchte die Hose am rechten Platz zu halten.
"Du siehst ganz zauberhaft aus, Lanea."
"Deron ... Halt' deine Klappe."
Dann verschwanden die Gesichter aus der Pfütze und nur ein Baum spiegelte sich noch darin.

Samstag, 13. Juni 2009

Sinn und Verstand

Es waren einige Wochen ins Land gezogen und wir mit ihnen. Das Lagerfeuer war schon heruntergebrannt, nur die Glut schimmerte in der Dunkelheit. Sie wärmte uns an kalten Abenden wie diesen. Wir lagen auf dem Boden. Unsere Köpfe berührten sich ganz leicht, es war ein angenehmes Gefühl. Wir blickten in die Sterne. Hätte es einen Zauber gegeben, der die Zeit anhalten könnte, hätte ich genau diesem Moment gewählt, ihn zu wirken.
Dann begann Deron zu sprechen.
"Du weißt, ich könnte ewig so weiter mit dir umherziehen."
"Ja."
"Aber du weißt nicht, was ich meinem Vater damals versprochen habe, als der Krieg begann."
"Was hast du ihm versprochen?"
Er schwieg kurz.
"Dass ich auf dich aufpassen werde."
Ich lachte. Er sprach jedoch mit einem Ernst in der Stimme weiter, der mich verstummen ließ.
"Sie werden uns suchen. Dich. Sie suchen dich und wenn wir weiter ohne Sinn und Verstand durch die Wälder reisen, werden sie dich finden. Und nur das Licht weiß, was dann geschehen wird.
Es wird Zeit für einen Plan, Vela von Wolkenstein. Für einen guten Plan."
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Aber mir fiel nichts ein. Das einzige was ich dachte war, dass ich Deron noch nie so viel an einem Stück reden hörte, wie in dieser wunderschönen Sternennacht.

Donnerstag, 4. Juni 2009

Tagelöhner

Es gibt Leute, die leben einfach in den Tag. Sie suchen morgens nach einer Arbeit, bekommen am Abend ein paar Kupfermünzen oder etwas zu essen und wissen nicht, wo sie am kommenden Tag sein werden.
Es sind arme Leute. Es sind Leute denen man aus dem Weg geht. Sie sind kein guter Umgang.
Ich war immer schon neugierig. Ein Tagelöhner mit spannenden Geschichten könnte mich wohl auch heute noch mehr in seinen Bann ziehen, als alle Stephan Tolnairs dieser Welt.
Nun gehörte ich dazu. Jedenfalls ein bisschen. Richtig zu jemandem oder etwas gehören werde ich wohl nie.
Deron und ich lebten in den Tag. Wir schliefen bis die Sonne uns weckte. Wir wanderten durch die Wälder, fernab aller Wege. Wir suchten Beeren, wir angelten. Wir machten Abends ein Feuer. Wir schliefen ein.
So ging es Tag um Tag. Es war uns klar, dass es nicht für immer so weitergehen würde.
Aber wir sprachen nicht darüber.