Dienstag, 29. September 2009

Danke

Tja, das war sie, die Geschichte von Vela von Wolkenstein. Es waren einige Ausschnitte aus einem Leben einer Magierin, die zur Hexenmeisterin wurde. Ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei allen bedanken, die Vela zum Leben erweckt haben und ihre Geschichte miterzählt und gelesen haben.
Besonders dem Roten Wagen und der Idee dahinter, Willowby, Aperius und Ganndor.
Bren für die Zeit "neben" dem Wagen und der Reise nach Lordaeron. Naverion und Ylandreia, die hoffentlich keine Schwierigkeiten mit den Kirin Tor bekommen und Deron, ohne den es Vela nicht gäbe.

Alter Körper - junger Geist II

Die Stimme ruft. Sie wird immer lauter. Meine letzte Seite im Buch liegt vor mir.
Meine Haare sind grau geworden. Ich sehe an mir, wer ich bin. Ich fühlte es schon lange. Weit vor dem Gespräch mit Ylandreia Yorick.
Die Hinweise sprachen dafür. Ich war Magierin. Ich wurde korrumpiert. Ich werde der Stimme der Schatten folgen. Ich werde ihr dienen.

Ich weiß alles. Es wurde mir ganz klar. Plötzlich.
Marilla wusste es von Anfang an. Sie sollte es verhindern. Aber wie naiv ist es zu denken, dass Marilla stärker sein könnte, als Lanea selbst?

Ich wollte Frieden schließen. Mein Körper ist alt geworden. Meine Haare sind grau und meine Hände faltig. Ich hielt feinen Sand in meinen Händen, wie eine Sanduhr. Langsam fiel Korn für Korn hinab. Die Zeit lief mir davon.
Die letzte Kraft mit der ich diese Zeilen niederschreibe, empfange ich nur noch von einzelnen Sandkörnern, die in meiner Hand geblieben sind.
Meine letzten Gedanken in diesem Leben gelten Deron.

Die Freiheit ist es, die uns lebendig macht.

Ich bin nun bereit der Stimme zu folgen. Sie ruft mich. Sie ist süß, wie Honig.
Ich komme zu dir Lanea. Ich bin eine deiner Töchter. Ich bin bereit, dir zu gehorchen.

Zusammen seid ihr ein Sturm. Ich erwarte dich, am Altar der Stürme.

Alter Körper - junger Geist

Es ist viel Zeit vergangen. Wenn ich die Geschichten in diesem Buch lese, fällt es mir schwer zu glauben, dass es meine Geschichte ist.
Ich habe angefangen sie zu schreiben, kurz nachdem mich Deron in Stormwind verlassen hat.
Mein Ziel war es Frieden zu schließen. Mit ihm, mit Mutter, aber vor allem wohl Frieden mit mir selbst. Es ist mir mäßig gelungen. Zu viel habe ich dafür verloren und zu viele Menschen habe ich dafür verletzt. Menschen ... nicht nur.
Ich stellte mir vor, dass mein Leben mit Deron für immer so weitergehen möge. Wir reisten umher. Wir versteckten uns. So war es, aber so konnte es nicht immer sein. Wir hörten von der Seuche, wir gingen nach Stormwind. Wir schliefen nahe der Stadtmauern. Wir fielen nicht weiter auf. Wir waren zwei von Tausenden. Wir waren keine Schauspieler mehr, wir waren Flüchtlinge geworden. Wenn ich aufwachte war Deron oft schon weg und kam wenig später mit etwas essbarem zurück. In diesen Zeiten war alles essbar geworden. Manchmal auch die Rinde von Bäumen.
Irgendwann wartete ich vergebens. Ich wartete tagelang. Deron kehrte nicht zurück, irgendwann fand ich mich damit ab. Ich glaube nicht, dass ihm etwas zugestoßen war, dafür war er zu geschickt. Er hatte mich verlassen.
Schmerlich hämmert dieser Satz noch heute in meinem Kopf. Ich dachte wir teilten etwas besonderes. Ich hatte nie gedacht, dass es so enden würde. Nun endete es ganz anders.

Es waren wilde Jahre in der Stadt. Ich wusste nicht wohin mit mir. Sehnte mich zurück nach alten Zeiten.
Ich lebte weiter als Lanea unter ihnen. Ich stahl. Ich hatte zu essen.
Irgendwann wurden die Zeiten besser. Ich hatte mich an mein Leben gewöhnt. Ich träumte viel von meiner Zeit als Adlige. Ich träumte oft, dass ich mir mit einer Nadel in den Finger stach. Ich blutete. Ich wachte oft auf, weil ich Blut auf meinen Lippen schmeckte.
Irgendwann gelang ich an Leinenstoff. Er war schlecht verarbeitet, aber es reichte. Ich begann zu nähen. Als einfache Näherin begann ich - als Meisterin hörte ich auf.
Irgendwann verschönerte ich nur noch feinste Roben. Manchmal verzauberte ich sie. Nicht viele wussten um diese Kunst. Ich hatte mich abermals verkleidet. Hatte mir wieder feine Roben angezogen. War wieder Vela von Wolkenstein. Ich fühlte mich nur anders an.
Meine Augen hatten noch nicht aufgehört nach Deron zu suchen. Mein Herz ebenso nicht.

Irgendwann traf ich auf Willowby Grünbuddel. Gnomin. Eigentlich hätte ich wissen müssen, dass es nicht lange gut gehen würde. Aber das war mir egal. Sie hatte eine Vision und ich wohl zu viel Wein getrunken. Ihre Idee klang gut in meinen Ohren. Es war genau die Art von Ablenkung die ich brauchte. Und: Ich konnte so meine geheime Suche am besten fortsetzen.

Wir gründeten den Roten Wagen. Umherziehende Spielleute. Gaukler. Wir waren Schauspieler. Wir waren wie Lanea und Danath. Er fehlte mir so sehr.
Unser Wagen wurde schnell bekannt, wir hatten Erfolg. Aperius trat in mein Leben. Unter anderen Umständen wäre ich vielleicht fähig gewesen seine Liebe zu erwidern. Ich genoss seine Lieder, seine Ideen. Er war Balsam für meine Seele.

Irgendwann zerbrach der Wagen. Es gab Unstimmigkeiten. Ich hatte Willowby verraten. Ich log, ich betrog. Das war der Anfang. Ich wurde zu der Frau, die ich nun bin, die ich bald für immer sein werde.
Dies wird mein letzter Eintrag in diesem Buch. Mehr Zeit bleibt nicht, alles zu erwähnen.
Die Stimme ruft nach mir, immer mehr. Sie ist süß wie Honig. Ich höre auf sie, ich kann mich nicht wehren dagegen und ich will es auch nicht.

Mir gefiel es die Gnomin am Boden zu sehen und es erschrak mich sogleich. Was geschah mit mir? Ich hatte einige Freunde in der Stadt. Bren. Ganndor. Sie alle würde ich verlieren, ich würde sie verraten. Ich würde ....

Lausche dem Wind. Folge ihm. Der Wind hebt dich empor, er trägt dich. Zusammen seid ihr ein Sturm.



Freitag, 7. August 2009

Trockenübungen

„Also gut, einverstanden.“ „Lanea, du wirst deine Entscheidung nicht bereuen!“
„Dazu komme ich wohl auch nicht mehr, wenn du mich mit einem Messer durchbohrt hast.“
„Sehr witzig.“ „Ich denke nicht, dass ich das so witzig finden würde.“
„Dann wollen wir hoffen, dass wir das nicht herausfinden.“
Wir zeterten wohl den ganzen Weg über. Es war uns zur Gewohnheit geworden, grundsätzlich eine andere Meinung zu haben. Es war ein schönes Gefühl zu wissen, was der andere dachte.
Deron kümmerte sich um das zusammenzimmern der Holzwand. Ich wollte gar nicht wissen, woher er die Dinge beschaffte, die er dafür brauchte.
Ich legte mich auf die fertige Wand und Deron malte mit einem weißen Stein um mich herum. Ich bestand darauf, dass er zunächst ein paar Trockenübungen machte, ehe ich mich seinen Künsten anvertrauen musste.
Dann war es soweit. Ich stellte mich vor die Wand, die wir an einen Baum gelehnt hatten. Deron stand ganz dich vor mir und schob mich etwas hin und her, bis ich genau in meinem eigenen Umriss stand.
„Nicht bewegen, Kleines.“ Dann ging er einige Schritte zurück und zückte sein erstes Messer. Ich schloss meine Augen. Würde ich das Messer auf mich zukommen sehen, würde ich vermutlich weglaufen. So hörte ich nur die Geräusche der Messer, die ins Holz einschlugen.
„Du kannst die Augen wieder aufmachen.“ Ich bemerkte erst jetzt, dass ich nicht nur die Augen geschlossen, sondern auch den Atem angehalten hatte.

Dienstag, 4. August 2009

Der Apfel fällt nicht weit vom ...

„Davon war nie die Rede!“ „Es würde unsere Einkünfte vermutlich verdoppeln!“ Deron und ich hatten uns überlegt, ein paar Kupferstücke zu verdienen. Er würde als Messerwerfer auftreten und ich das Geld einsammeln.
Nun war ihm unser Plan allerdings offensichtlich zu Kopf gestiegen, denn er machte den absurden Vorschlag, mich in seine Werferei miteinzubeziehen.
Ich sollte mich an eine Holzwand stellen, und er würde zehn Messer um mich herum werfen, so dass schließlich meine Umrisse in den Messern zu erkennen wären. Und um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, oder besser den Apfel, sollte ich mir von ihm einen Apfel vom Kopf schießen lassen.
Ich zweifle nicht an seinen Künsten, aber es ist immerhin mein Kopf!
„Lass es uns wenigstens einmal versuchen … nicht an dir, an einem Baumstamm, genau!“ Er war aufgeregt wie ein kleiner Junge und versuchte nun mich zu überreden. Dummerweise hatte er oft eine ansteckende Wirkung und so stimmte ich wenigstens dem Versuch zu.
Er verfehlte nicht einmal sein Ziel.

Freitag, 31. Juli 2009

Danke

Ich trug die Robe, jedoch anders als gedacht, nämlich in einer meiner Satteltaschen. Dennoch war allein jenes Wissen um dieses Stück Stoff genug Grund, wieder zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.
„Vela, weißt du wonach ich mich sehne?“ „Nein, aber ich weiß, dass es nicht das gleiche ist wie bei mir.“ Deron sah mich schief an, vermutlich wollte er nur ein einfaches „Nein“ hören, um fortzufahren.
„Nach einer Taverne und einem schönen Becher Met.“ Ich musste Lachen. Irgendwie gefiel mir, dass es nicht allein mir so ging und auch Deron etwas von seinem Leben entbehren musste.
Nun lag es an mir, mich für die Robe zu bedanken. Ich grübelte eine Weile, verwarf meine Ideen sofort wieder und hielt mich schließlich an einer fest.
Ich hielt Mondlicht an und wartete, dass Deron sich zu mir umdrehte.
„Danath, ich glaube deine Schwester hat eine Idee.“

Sonntag, 26. Juli 2009

Alltag

Wir zogen nun schon ein Jahr durch die Wälder. Unser Tag war dadurch bestimmt, genügend Beeren zu sammeln, uns nicht von Bären anfallen zu lassen und irgendwie die Nacht zu überleben. Was als romantisches Mädchenabenteuer begann, war trister Alltag geworden. Deron und ich schliefen abwechselnd, einer hielt Wache. Obwohl das Feuer oder zumindest die Glut uns die Nacht über warm hielt und Tiere nicht näher an uns herankommen ließ, wollten wir auf Nummer Sicher gehen. Und obwohl ich es nicht zugeben wollte, mir fehlte mein altes Leben. Mir fehlte ein Bett, eine mich bedienende Amme und ein Buch.
Ich wollte seidige glatte Haare und saubere Fingernägel. Ich war unzufrieden und ich war traurig.
Aber Deron wäre nicht Deron gewesen, hätte er das alles nicht irgendwie geahnt. Ich muss es ihm wirklich schwer gemacht haben, damals.
Umso größer war meine Überraschung, als er mit einem in Papier eingeschlagenem Bündel zu mir kam.
Ich entfachte gerade ein Feuer, als er sich zu mir gesellte.
„Vela“, er sprach nicht weiter, sondern hielt mir das Paket vor die Nase. Ich nahm es wortlos, aber mit einem alles sagenden Blick entgegen und wickelte das Papier langsam ab. Ich fühlte etwas weiches und wagte meinen Augen nicht zu trauen. „Deron!“ Ich sprach ebenfalls nicht weiter und hielt die Robe vor meine Brust, und sah anschließend an mir herab.
Eine Robe!
„Ich weiß, es ist nicht das Schönste und für dich auch nur sehr durschnittlich und deinem Stand nicht angemessen, aber….“
Ich konnte nicht anders, als ihm meinen Zeigefinger an die Lippen zu legen.
„Es ist die schönste Robe, die ich je tragen werde, Deron.“

Freitag, 24. Juli 2009

Das Traumpaar

Es war merkwürdig, dieses neue Leben zu führen. Wie ein Traum. Manchmal vergaß ich, dass wir uns eigentlich verstecken sollten, damit niemand herausfindet, wo wir uns aufhalten.
Aber wir hatten uns etwas überlegt. Verkleidet als Lanea und Danath. Meine Haare und auch meine Kleidung dürften mich vollständig unkenntlich gemacht haben. In meinem alten Leben war es nicht üblich sich Gesichter zu merken. Man merkte sich nur stilvolle Kleidung und Reichtum. Beides war im Handumdrehen von mir abgefallen.
"Sind wir Geschwister?", seine Frage lenkte mich von meinen Gedanken ab und führte mich wieder zum Wesentlichen. "Wäre dir ein Liebespaar lieber?", entgegnete ich ihm.
"Vela, es geht nicht darum was mir lieber wäre, sondern darum, dass wir möglichst lange unsere Tarnung aufrecht erhalten können." Er sah mich an, es war ihm ernst. Unsere Pferde fielen in einen gemächlichen Schritt und ich konnte nicht verhindern, dass ein Lächeln meinen Mund umspielte.
"Nun, dann wäre ein Geschwisterpaar wohl angebracht. Das sollte weniger Fragen aufwerfen."
"Ja, vermutlich."
Wenn ich Deron nicht besser kennen würde, hätte ich bei seinem Anblick vermutlich gedacht, er würde meine Entscheidung bedauern.

Dienstag, 7. Juli 2009

Kalte Asche

Alles was bisher zu meinem Leben gehörte, war fort. Geblieben waren mir Mondlicht und Deron. Sonst nichts. Meine Robe, oder viel mehr das, was noch von meiner Robe geblieben war, sollte ich vergraben. Ich saß an einen Baumstamm gelehnt und strich über den zarten Stoff, der auf meinen Beinen lag. Es war nicht nur Stoff. Es war mein altes Leben.
Es war eine Erinnerung an Wulfengard, Marilla und Mutter. Eine Erinnerung an Tanzveranstaltungen. Sogar eine Erinnerung an Stephan Tolnair. Es war eine Erinnerung an Kutschfahrten, Handküsse und Komplimente. Es war eine Erinnerung an Lordaeron, Frieden und Reichtum.
Ein Seufzen entfuhr meinen Lippen. Es war im Grunde doch nur ein einfaches Stück Stoff.
Meine Finger glitten über den Stoff, mein Zeigefinger folgte dem goldenen Faden, der in den Stoff eingearbeitet war. Er zeichnete ein Muster und ich konnte nicht aufhören diesem Muster zu folgen. Immer schneller und schneller wanderte mein Finger über das Zeichen. Eine innere Wärme durchfuhr mich ganz plötzlich und es war als erschien ein gleißender Blitz vor mir. Ich schloss meine Augen. Meine Hand erstarrte.
"Vela?!" Deron kam mit Namiria und Mondlicht am Zügel neben mir zu stehen. "Es wird Zeit, hast du dein Kleid beseitigt, wie ich es dir gesagt habe?"
Ich öffnete meine Augen. Verstört blickte ich an mir herab. Die Robe war fort, ich nickte stumm.
"Ja, ich habe sie verbrannt," entgegnete ich zögernd. Ich stand auf und in meiner zur Faust geballten Hand fülte ich einen kalten Kristallsplitter.
Deron schien nicht gemerkt zu haben, dass die Asche vor mir schon kalt war.

Donnerstag, 25. Juni 2009

Pfützengesichter

Ich blickte in eine Pfütze und sah in das Gesicht der Fremden. Ihre Haare hingen lang herab, sie waren verfilzt, fettig und strähnig. Ihr Gesicht war schmutzig, die Haut mit schon getrockneten Schlammflecken übersät. Ihre Augen sahen mich trotzig an, das Kinn war stolz vorgereckt.
Sie trug nichts als schlecht zusammengenähtes Leinen, das wie ein Mehlsack an ihr herab hing. Man erkannte keine Formen unter dem Stoff, man sah nur wieder ihre schmutzigen Füße, die ohne Schuhe auf dem Boden standen und begannen ein Loch in den Boden zu scharren.
Ihre Arme waren vor der Brust verschränkt, als sie den Blick etwas zur Seite drehte.
In ihr Blickfeld war nun ein Mann geraten, struppiges Haar, leichte Lederkleidung, die mehr aus Löchern denn aus Leder bestand. An dem Gürtel des jungen Mannes baumelten zwei Dolche, auf seinem Rücken Bogen und Köcher.
Seine Augen funkelten, seine Hände stütze er in die Hüften, wo ein Band versuchte die Hose am rechten Platz zu halten.
"Du siehst ganz zauberhaft aus, Lanea."
"Deron ... Halt' deine Klappe."
Dann verschwanden die Gesichter aus der Pfütze und nur ein Baum spiegelte sich noch darin.

Samstag, 13. Juni 2009

Sinn und Verstand

Es waren einige Wochen ins Land gezogen und wir mit ihnen. Das Lagerfeuer war schon heruntergebrannt, nur die Glut schimmerte in der Dunkelheit. Sie wärmte uns an kalten Abenden wie diesen. Wir lagen auf dem Boden. Unsere Köpfe berührten sich ganz leicht, es war ein angenehmes Gefühl. Wir blickten in die Sterne. Hätte es einen Zauber gegeben, der die Zeit anhalten könnte, hätte ich genau diesem Moment gewählt, ihn zu wirken.
Dann begann Deron zu sprechen.
"Du weißt, ich könnte ewig so weiter mit dir umherziehen."
"Ja."
"Aber du weißt nicht, was ich meinem Vater damals versprochen habe, als der Krieg begann."
"Was hast du ihm versprochen?"
Er schwieg kurz.
"Dass ich auf dich aufpassen werde."
Ich lachte. Er sprach jedoch mit einem Ernst in der Stimme weiter, der mich verstummen ließ.
"Sie werden uns suchen. Dich. Sie suchen dich und wenn wir weiter ohne Sinn und Verstand durch die Wälder reisen, werden sie dich finden. Und nur das Licht weiß, was dann geschehen wird.
Es wird Zeit für einen Plan, Vela von Wolkenstein. Für einen guten Plan."
Ich öffnete den Mund, um etwas zu sagen. Aber mir fiel nichts ein. Das einzige was ich dachte war, dass ich Deron noch nie so viel an einem Stück reden hörte, wie in dieser wunderschönen Sternennacht.

Donnerstag, 4. Juni 2009

Tagelöhner

Es gibt Leute, die leben einfach in den Tag. Sie suchen morgens nach einer Arbeit, bekommen am Abend ein paar Kupfermünzen oder etwas zu essen und wissen nicht, wo sie am kommenden Tag sein werden.
Es sind arme Leute. Es sind Leute denen man aus dem Weg geht. Sie sind kein guter Umgang.
Ich war immer schon neugierig. Ein Tagelöhner mit spannenden Geschichten könnte mich wohl auch heute noch mehr in seinen Bann ziehen, als alle Stephan Tolnairs dieser Welt.
Nun gehörte ich dazu. Jedenfalls ein bisschen. Richtig zu jemandem oder etwas gehören werde ich wohl nie.
Deron und ich lebten in den Tag. Wir schliefen bis die Sonne uns weckte. Wir wanderten durch die Wälder, fernab aller Wege. Wir suchten Beeren, wir angelten. Wir machten Abends ein Feuer. Wir schliefen ein.
So ging es Tag um Tag. Es war uns klar, dass es nicht für immer so weitergehen würde.
Aber wir sprachen nicht darüber.

Sonntag, 31. Mai 2009

Waffenwahl

Es fällt mir schwer über die Zeit zu schreiben, die dieser Begegnung am Waldesrand folgte.
Es war eine Zeit, so schön wie sie traurig war. Sie war von Gegensätzen geprägt. Der Gegensatz fing bei Deron und mir an. Arm und reich. Gesinde und Adel. Mann und Frau.
Seit Deron bei mir war, übernahm er die Führung. Es störte mich nicht. Die Freiheit war sein Gebiet, ich kannte mich nicht aus. Aber ich lernte von ihm. Meine Robe war schon bald einige Streifen kürzer gerissen, sie behinderte zu sehr, wenn man im Wald überleben wollte.
Deron war bewaffnet mit zwei Dolchen und einem Bogen. Hin und wieder versuchte er mir beizubringen mit einem Bogen zu schießen.
"Willst du das Wild mit deiner scharfen Zunge erledigen?"
Ich wäre wie ein kleines Kind noch am selben Abend meiner Flucht in das Haus meiner Mutter zurückgekehrt, hätte ich Deron nicht an meiner Seite gehabt.
Das Jagen allerdings überließ ich Deron. Ich hingegen sorgte für das nötige Feuer.

Sonntag, 15. März 2009

Am Waldesweg

Zurück folgten wir dem Weg. Wir fielen in einen Trab, war dies bei langen Strecken doch die Art, wie man am schnellsten reisen konnte. Wir waren schon eine Weile unterwegs, als Mondlicht auf einmal ihre Schritte beschleunigte. Viel eher als ich nahm sie die Gestalt auf Namiria wahr, die uns entgegen kam.
„Deron!“ entgegnete ich, überrascht und gleichermaßen außer Atem.
Er schritt langsam an mir vorbei ohne mich anzusehen. Ich wendete mein Pferd und folgte ihm nun wieder in die Richtung, die ich ursprünglich angedacht hatte.
„Ich wusste, dass du dieses Mal nicht zurückgekehrt wärst.“
„Was?“
„Vela, ich kenne dich. Auch wenn wir fast nie sprechen. Ich kenne dich.“
Ich sagte nichts, aber er hatte Recht.
„Wie wolltest du denn eigentlich in deiner Robe hier im Wald allein überleben?“ Seine Stimme war nach dem ersten Schreck schon wieder neckend geworden. Mein ganzer Körper spannte sich an, als ich ihm antwortete.
„Ich hatte ja gar nicht geplant, allein zu reisen.“

Samstag, 14. März 2009

Der Ausritt

Ich erhielt keinen weiteren Magieunterricht. Meine Mutter sah es als Wink des Schicksals, dass ausgerechnet mein Lehrer starb. Und sie deutete es als nichts Gutes.
Als Frau von Stephan Tolnair hätte ich es sowieso nicht nötig, mich mit so etwas zu beschäftigen.
Ich raffte aus meinem Zimmer zwei Kleider zusammen, steckte sie in eine Tasche und stahl mich in die Küche. Dort verlangte ich nach zwei Schläuchen Wasser und etwas Brot.
Es fragte niemand warum.
Dann ging ich zu Mondlicht. Sie war mir eine treue Freundin.
Ich sattelte sie und hängte Tasche und Schläuche über das Sattelhorn. Ich führte sie aus dem Stall. Dann saß ich auf und wir ritten los. Ich sah nicht zurück.
Aus dem gemächlichen Schritt wurde ein lockerer Trab und schließlich ein gestreckter Galopp.
Ich schloss die Augen. Wenn man den Wind beim Reiten im Gesicht spürt, ist es, als würde man fliegen. Wir flogen über Wege, Wiesen und durch Wälder. Dann hielten wir an.
Mondlicht schnaubte. Dann drehte sie sich um.
Ich hatte etwas vergessen.

Freitag, 13. März 2009

Stillstand

Es war in so kurzer Zeit so viel geschehen, dass ich eine Weile stillstehen musste, um das alles zu verstehen. Ich fühlte mich wirklich wie gelähmt.
Mein Vater starb, ich hatte Kriege erlebt, ich war zu früh erwachsen geworden.
Ich hatte Magie in mir. Ich hatte einen Lehrer und ich hatte ihn verloren.
Ich sollte die Frau von Stephan Tolnair werden.
Meine Welt stand still. Wenn ich mich nun gar nicht bewegte, vielleicht, vielleicht ....
Vielleicht würden sich dann die anderen auch nicht bewegen?
Vielleicht würden dann alle zu Stein. Und nur ein Zauber könnte sie erwecken.
Vielleicht, vielleicht ...

Marilla packte mich an den Schultern und schüttelte mich. Mein Blick wollte Kerntans Augen nicht loslassen. Aber schließlich rüttelte Marilla mich wach.
Ab jetzt würde alles anders werden.

Dienstag, 10. März 2009

Normalerweise

Mit einem Arm voll Büchern und meiner Tasche stand ich vor der Tür zu Kerntans Haus. Normalerweise empfing er Marilla und mich bereits immer in der Türschwelle.
Marilla klopfte. Wir warteten. Wir warteten lange.
Ich schritt unruhig vor der Tür auf und ab, während Marilla versuchte etwas durch die Fenster zu erkennen.
Ich legte meine rechte Handfläche auf die Tür und übte leichten Druck auf das Holz aus. Dann schloss ich die Augen und murmelte eine Formel. Meine Hand wurde heiß und kurze Zeit später erschuf ich einen kleinen Feuerball, den ich auf die Tür schleuderte.
Marilla sah mich entsetzt an. „Kind, du kannst doch nicht …“
„Er hat noch nie einen unserer Termine verpasst,“ war jedoch alles was ich ihr antwortete. Ich schätze sie bestätigte insgeheim meinen Verdacht.
Nachdem sich ein kleines Loch in das Holz gebrannt hatte, ließ ich das Feuer versiegen.
Ich steckte meine Hand durch das Loch und öffnete so die Tür von innen.
Marilla und ich sahen ihn ungefähr gleichzeitig am Boden liegen. Seine Augen waren vor Schreck geweitet.
Er musste etwas grauenhaftes gesehen haben, bevor er starb.

Montag, 9. März 2009

Tag und Nacht

Tagsüber vergrub ich mich unter meinen Büchern, die ich von Kerntan erhalten hatte.
Ich beherrschte bereits die Grundkenntnisse etlicher Feuerzauber. Der Weg zum Eis blieb mir jedoch völlig verschlossen. Kerntan meinte einmal, dass es wohl an meinem feurigen Temperament liegen würde. Damals hatten wir beide darüber gelacht. Heute bin ich mir nicht mehr so sicher.
In der Dämmerung stahl ich mich oft allein aus dem Haus. Ich ging in den Stall, sattelte Mondlicht und ritt mit ihr durch die Wälder Lordaerons. Allein.
Ich fühlte mich in gesellschaftlichen Zwängen gefangen und fand keinen Ausweg.
So sehr ich auch versuchte mich auf das Gefühl einzulassen, dass ich auf Mondlichts Rücken so liebte, begleitete mich oft der Schatten meiner düsteren Gedanken.
Wenn ich heimkehrte wartete Deron bereits auf uns, wenigstens darauf konnte ich mich verlassen.

Sonntag, 8. März 2009

Im Leben nicht

Ich hatte Stephan Tolnair aus meinem Gedächtnis gestrichen. Vermutlich geschah dies in dem Moment, in dem ich ihm zum letzten Mal den Rücken kehrte.
Das es diesen Menschen überhaupt gab, fiel mir erst wieder ein, nachdem meine Mutter seinen Namen nannte.
Wir aßen zusammen zu Mittag, als sie mit einem beinahe schon unheimlichen, freudigen Gesichtsausdruck seinen Namen nannte.
Sie nannte ihn ummantelt von einem Satz, der mich damals ziemlich verstörte.
„Die Tolnairs und ich sind überein gekommen, dass ihr ein ganz reizendes Brautpaar abgeben würdet. Meinst du nicht?“
Ich meinte gar nichts. Ich spuckte stattdessen ein Stück Fleisch zurück auf den Teller, was meine Mutter angesichts des bevorstehenden freudigen Ereignisses jedoch nur mit einer gehobenen Augenbraue bedachte.
In dem Moment wusste ich vermutlich gar nichts mehr. Nur eines stand fest:
Ich würde nie im Leben die Frau von Stephan Tolnair werden.

Samstag, 7. März 2009

Mondlicht

Mondlicht nannte ich meine schwarze Stute, nachdem Deron ihr den Namen gab.
Er bemerkte eines Abends wie nebenbei, dass mir das Pferd im Mondlicht ganz besonders gut stehen würde. Er sagte es ganz so, wie andere über Roben reden würden. Ich weiß nicht, ob er sich überhaupt etwas dabei dachte, aber mir ging das Wort "Mondlicht" einfach nicht mehr aus dem Kopf und so bekam das Tier seinen Namen.

Mutter gestattete mir nur selten allein einen Ausritt und so kam es, dass Deron mich hin und wieder auf Namiria begleitete. Marilla folgte uns in einigem Abstand, doch bald gab sie es auf und wartete einfach in der Nähe des Hauses auf unsere Rückkehr.

Sie vertraute mir. Vermutlich hätte sie nie geglaubt, dass ich ihr Vertrauen irgendwann missbrauchen könnte.
Heute tut es mir leid.

Freitag, 13. Februar 2009

Wildfang

Es war kaum zu glauben. Der Kauf eines Pferdes stand so gut wie bevor. Meine Mutter hatte keine Zeit mich zu begleiten. Ihr standen wichtige Geschäfte im Weg. Sagte sie jedenfalls.
Marilla begleitete mich. Sämtliche Formalitäten hatte meine Mutter bereits mit Brief und Siegel mit dem Gestüt Falkenstein geklärt. Ich brauchte mir nur noch ein Pferd auszusuchen.
Dies sollte sich jedoch als schwieriger herausstellen, als ich anfangs dachte.
Meiner Mutter war es überaus wichtig, ein gewisses Maß an Reichtum und Stil nach außen hin zu vertreten, auch wenn es dabei um die Wahl des richtigen Pferdes ihrer Tochter ging.
So war es ihr zu verdanken, dass sie Deron den Auftrag gab, Marilla und mich zu begleiten.
Deron steuerte unsere Kutsche und nach nicht allzulanger Zeit waren wir auf dem Gestüt angekommen.
Deron war es auch, der sich um fachliche Gespräche kümmerte, während ich mich in Ruhe umsah.
Und dann sah ich es. Ein schwarzes Pferd in einiger Entfernung, auf einem Hügel.
Es sah frei aus und wild. Voller Temperament. Es sollte meins sein.
Ich teilte Deron meine Entscheidung mit, welche er mit einem offenen Lächeln begrüßte.
"Ein Wildfang, für den Wildfang."

Montag, 9. Februar 2009

In der Zauberkrähe

Es ist viel Zeit vergangen. Heute sitze ich in Dalaran. Mehr oder weniger versteckt. Ich habe alles verloren, was mir je wichtig war. Ich habe sogar Dinge verloren die mir nie wichtig waren.
Ich habe nichts mehr, als ein zerbrochenes Amulett, dass einen Vollmond darstellt, der geborsten ist. Es ist Jade.
Ihm liegt ein Brief bei, den ich nicht zu deuten vermag. Es gibt niemanden an den ich mich wenden kann.
Ich bin einsam. Ich bin allein.
Aber ich möchte nicht meiner eigenen Geschichte vorgreifen. Bis ich an dieser Stelle mit meinen Erinnerungen in diesem Tagebuch ankomme, müssen noch viele Seiten mit Tinte verziert werden. Ich summe meine Melodie aus alten Tagen. Ich denke an Mondlicht. Es wird die nächste Geschichte werden, an die ich mich erinnere. Bis zum Heute ist es noch weit.

Noch bin ich glücklich.

Sonntag, 8. Februar 2009

Aus alten Tagen

Im Moment denke ich ständig an ein altes Lied, aus alten Tagen, das mir nicht mehr aus dem Kopf gehen mag.

Am Meer weit in der Ferne
steht eine junge Frau
Sie singt und sieht so gerne
hinaus aufs tiefe Blau
~ ~ ~
Am Meer weit in der Ferne
hört man die Wellen rauschen
und es gibt nicht viele
die ihren Klängen lauschen
~~~
Nur jene junge Frau
sie liebt das Meeresrauschen
hat sie leider doch versäumt
auf ihr Herz zu lauschen
~~~
Ihre große Liebe
ist schon seit langem fort
und seitdem hört man sie singen
an jenem kalten Ort
~~~
Der Liebste suchte lange
nach seiner hübschen Frau
nur das Meer, das mied er
war es ihm doch zu rau
~~~
So suchen beide immer
nach ihrem großen Glück
und wissen nur das eine
die Zeit kehrt nie zurück

~~~

Samstag, 7. Februar 2009

Kein armes Haus

Während ich vor der Tür des Zimmers meiner Mutter auf und ab gehe, summe ich eine alte Melodie. Diese Melodie gehört zu einem traurigen Lied, das Marilla mir schon unzählige Male vorgesungen hat.
Es handelt von einer Frau, die durch tragische Umstände von ihrem Liebsten getrennt wird. Die Melodie ließ mich nicht mehr los, nachdem ich sie einmal gehört hatte.

"Ja?"
Mit diesem Wort holte meine Mutter mich in die Wirklichkeit zurück. Sie hatte endlich mein Klopfen beantwortet und ließ mich eintreten. Ich tat nur einen Schritt über die Schwelle, schloß die Tür hinter mir so leise es mir möglich war und blieb wie angewurzelt stehen.
Meine Mutter sah bereits wieder auf den vor ihr liegenden Brief herab. Sie hatte ihre Haare zu einem Knoten gebunden und hielt eine Schreibfeder in der rechten Hand.
"Mein Kind", sagte sie, ohne aufzublicken. Ich trat einen Schritt vor und wartete bis sie mich ansah. Dann machte ich einen Knicks.
"Mutter, ich habe einen Wunsch", sagte ich und versuchte dabei möglichst einen unterwürfigen Tonfall anzuschlagen.
"Das haben wir alle, mein Kind." Mittlerweile hatte sie ihren Kopf etwas gehoben und sah mich an. Ich beschloss nicht länger ihre Zeit zu verschwenden und platze mit meinem Anliegen direkt heraus.
"Ich hätte gern ein eigenes Pferd." Sie nickte nur. Vielleicht hielt sie es für kein besonderes Anliegen.
"Natürlich. Es soll uns schließlich niemand nachsagen können, wir wären ein armes Haus."
Damit war die Unterredung für das erste beendet.
Sie wandte sich wieder ihrem Brief zu und vermutlich nahm sie auch nicht mehr wahr, wie ich mit einem Lächeln die Tür hinter mir schloss.

Dienstag, 3. Februar 2009

Ein dunkles Licht

Ich stieg als letzte aus unserer Kutsche. Deron nahm dem Kutscher die Pferde ab und ging mit ihnen zum Stall, ohne sich einmal umzudrehen.
Mutter war schon voraus gegangen. Marilla wartete auf mich. Sie verstand wohl meinen Blick, wartete aber dennoch auf eine klarere Anweisung.
"Ich brauche noch etwas frische Luft," entgegnete ich daher knapp. Sie nickte. Noch im Gehen vernahm ich ein leises Gemurmel ihrerseits. "Die wirst du im Stall nicht finden."
Ich schmunzelte bei ihren Worten, drehte auf dem Absatz um und ging langsamen Schrittes zum Stall.
Eine kleine Laterne spende einen Lichtschein in den Gang, so dass Deron wohl gerade so eben sehen konnte, was er tat.
Ob er es brauchte, war eine andere Frage.
"Lange ist es her," sagte er. Er stand mit dem Rücken zu mir, während er die Stute mit Stroh trocken rieb. Ich ging um das Tier herum und legte meine Hand auf den Hals des Pferdes. Nun konnte ich in sein Gesicht sehen.
"Ja, das ist es," erwiderte ich. Sein Gesicht war älter geworden, aber seine Augen noch immer so wie frührer.
Er verharrte in seiner Bewegung und sah nun auch mich an. Was er dachte verriet er mir natürlich nicht.
Ich tätschelte Namiria den Hals und merkte dann schnell, dass ich hier fehl am Platz war. In dieser Robe - in einem Stall!
Ich ging fort, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Auf dem Weg in mein Zimmer hatte ich allerdings eine Idee.

Samstag, 31. Januar 2009

Stephan Tolnair

Die Tolnairs waren reizende Gastgeber. Den Grund des Balls habe ich nur bis heute nicht verstanden. Mir ist an dem Abend wahrlich nichts aufgefallen, was an Stephan Tolnair feiernswert gewesen wäre.
Sein Aussehen war sehr durchschnittlich, ebenso wie sein Humor, sein Auftreten, seine Ausstrahlung und sein Intellekt.
Überhaupt fiel mir niemand auf, der aus der Menge herausstach.
Ich spürte die Blicke der jungen Männer auf mir liegen und fühlte mich mal mehr und mal weniger wohl dabei.
Einige forderten zum Tanze auf. Ich ließ es über mich ergehen und fragte mich insgeheim, warum dieses Gehabe unbedingt nötig war.
Ich sehnte mich zurück nach meinen Büchern. Nach einem Ort, wo ich wieder ich selbst sein konnte. Und nach dem Moment, aus der Kutsche auszusteigen.
Doch bis es soweit war, sah ich noch einige Male, wie meine Mutter erst einen Blick zu mir und dann zu Stephan warf, ehe sie sich angeregt mit Frau Tolnair zu unterhalten begann.

Freitag, 30. Januar 2009

Vor dem Fest

Dank meiner Mutter ließ diese Gelegenheit auch nicht lange auf sich warten. Sie hielt immer noch die Kontakte aufrecht, die mein Vater damals mühevoll geknüpft hatte. Auch wenn es für sie mehr eine Art Geschäft war, denn reine Nächstenliebe.
Das Ehepaar Tolnair gab ein Fest zu Ehren seines Sohnes. Die von Wolkensteins waren ebenfalls eingeladen.
Ich überließ meiner Mutter die Pflichten des Gastes. Es war an ihr ein kleines Geschenk zu besorgen, das wir den Gastgebern überreichen konnten.
Ich war mit dem Tragen meines Kleides genügend beschäftigt.
Als die Kutsche vor unserer Tür hielt um uns abzuholen und ich hinaus trat, trafen sich Derons und mein Blick.
Er hielt die beiden Kutschpferde am Zügel, während Marilla die Kutsche erklomm und meiner Mutter hinauf half. Ich konnte mich kaum mehr bewegen.
Erst der harsche Ton meiner Mutter holte mich hinauf in die Kutsche.
Aber seine Augen hielten mich noch immer gefangen, als wir schon längst abgefahren waren.

Donnerstag, 29. Januar 2009

Ablenkung

Ich denke oft an die drei Karten, die Marilla mir damals vor so vielen Jahren legte. Ob mit dem Magier wohl Kerntan gemeint war?
Manchmal gab mir Kerntan eines seiner Bücher mit, welches ich dann in meinem Zimmer studierte. Mir unverständliches schrieb ich auf einem Pergament nieder und brachte es zu unserem nächsten Treffen mit.
Ich beschäftigte mich gerade mit einem solchen Buch, als Marilla beschloss ich würde mit der Lernerei einen zu ungesunden Ehrgeiz entwickeln.
Sie hielt es für falsch, dass ich mich nur mit Büchern beschäftigte, wo es auf dieser Welt schließlich auch noch Menschen geben würde.
Irgendwann gab ich ihr nach. Marilla hatte sich gut überlegt, womit sie mich am besten ablenken könnte. Denn neben der Magie hatte ich noch eine große Leidenschaft.
Schöne Kleider.
Gemeinsam suchten wir eine Schneiderin in Lordaeron auf. Ihr guter Ruf war bekannt, so dass ich die Kosten guten Gewissens tragen konnte.
Mein Kleid bestand aus rotem Magiestoff, der an meiner Haut hinabfloss. Das Kleid war eng geschnitten und betonte die Figur, jedoch verriet es auch nicht zu viel. Es war einem Ball durchaus angemessen.
Nun brauchte ich nur noch eine Gelegenheit es anzuziehen.

Mittwoch, 28. Januar 2009

Theorie und Praxis

Marilla riet mir, nicht unbedingt jeden wissen zu lassen, dass ich mit Magie gesegnet war. Es könnte Dinge unnötig verkomplizieren. Sie brachte mir bei, Magie nur im Notfall einzusetzen und den Lauf der Natur zu berücksichtigen. So kam es, dass ich die Magie in der Praxis nicht oft benutzte.
Meinen Lehrer sah ich seit unserem Treffen zweimal in der Woche. Marilla richtete es mit ihren Besorgungen auf dem Markt so ein, dass sie mich auf dem Hinweg dort absetzte und auf dem Rückweg wieder einsammelte.
Das brodelnde Wasser, was mich damals so sehr ins Staunen versetze, war nichts im Gegensatz zu dem, was mir der alte Mann sonst noch beibrachte.
Wenn man sich die Leylinien zu nutzen machen weiß, stehen einem ganz neue Welten offen.
Es war nur eine Frage des Lernens.
Ich lernte gern. Und ich lernte viel.

Dienstag, 27. Januar 2009

Der alte Mann und das Wasser

Der Mann, zu dem Marilla mich im Laufe der Woche brachte, war schon sehr alt.
Die wenigen Haare, die ihm noch geblieben waren, waren grau. Seine Augen waren blau und sie funkelten stets, wenn sie Dinge betrachteten. Sie waren geradezu lebendig.
Er trug immer wenn ich ihn sah sehr feine Kleidung. Meistens eine dunkle Robe mit besticktem Saum. Unmittelbar in seiner Nähe befand sich stets sein Stab.
Er war ein Magier.
Marilla hatte ihn wohl von ihrer Entdeckung bezüglich meiner Hände unterrichtet, denn er wusste bereits alles von mir.
Er ließ sich an seinem Tisch nieder und bedeutete mir mit einer Handbewegung ihm gegenüber Platz zu nehmen.
Auf dem Tisch stand ein Glas Wasser. Er hob seine rechte Hand und murmelte etwas in seinen Bart.
Das Wasser begann zu brodeln.

Sonntag, 25. Januar 2009

Neue Schritte

Irgendetwas beunruhigte Marilla. Dass es meine heißen Hände waren, verstand ich zunächst nicht.
Als wir zu Hause ankamen und ich mich in mein Zimmer zurückzog, hörte ich ihre Schritte. Sie ging den Flur unruhig auf und ab. Man hörte eine Tür auf- und gleich wieder zugehen. Dann hörte man nichts mehr.
Ich stickte meine Initialen auf ein Taschentuch, während meine Gedanken unentwegt um Marilla und meine Hände kreisten.
Wieder die Tür. Auf. Zu. Schritte auf der Treppe. Klopfen.
Marilla ließ sich auf meinem Bett nieder, klopfte mit ihrer rechten Hand sacht auf den Platz neben sich und lächelte mich an.
Kurz darauf saß ich neben ihr. Sie griff meine Hände und sah auf sie hinab.
„Vela, in dir ist Magie. Ich spüre es ganz deutlich.“
Ich wusste nicht was ich sagen sollte. Mein Mund war wie verschlossen.
Langsam entzog ich Marilla meine Hände und ballte sie zu Fäusten.

Freitag, 23. Januar 2009

Beim Licht

Es war ein Tag wie jeder andere, irgendwann im Herbst des elften Jahres nach der Portalöffnung. Ich begleitete Marilla auf den Markt. Nun nicht mehr als Kind, auf dass sie acht zu geben hatte, sondern als Begleitung. Wir redeten mal viel und mal wenig. Manchmal lernte ich noch von ihr, wie sie bestimmte Waren aussuchte.
Manchmal griff sie nach meinem Arm oder strich mit ihrer Hand über meine Wange, wie sie es schon immer getan hatte.
Wir ließen uns Zeit auf dem Weg nach Hause, um die Ruhe zu genießen. Wir waren keinen Zwängen erlegen, wir waren unser eigener Herr.
Vor einiger Zeit hatte Marilla damit begonnen mein dunkles Haar hochzustecken. Ich gefiel mir damit und anfangs hielt ich an jeder Pfütze, um mein Antlitz zu betrachten. Es war ungewohnt nicht mehr hin und wieder nach einer Haarsträhne zu greifen, die sich wie selbstverständlich um meinen Finger wickeln konnte.
Manchmal hakte ich mich bei Marilla unter, manchmal gingen wir hintereinander und blieben jeder für sich.
An jenem Tag, damals im Herbst, der wie jeder andere war, griff Marilla nach meiner Hand.
Ich ließ meine wie selbstverständlich in ihre gleiten.
Sie verharrte in ihrer Bewegung. "Beim Licht," sagte sie, "hast du heiße Hände!"

Mittwoch, 21. Januar 2009

Nachkriegszeit

Derons Vater kam mit einem Arm weniger aus dem Krieg zurück. Folglich war es Deron, der unter Anleitung seines Vaters die Schmiedearbeiten übernahm.
Deron arbeitete viel und als der Alltag zu uns zurück kehrte, war es mir sowieso untersagt, mich mit den Bediensteten abzugeben.
Meine Mutter achtete nach wie vor auf den guten Ruf der Familie von Wolkenstein und so hielt sie es für ihre Aufgabe mir die Handarbeiten beizubringen, wie es für Töchter aus gutem Hause üblich war. Ich stellte mich recht geschickt an und mit den Jahren die vergingen, war es mir möglich feine Muster in Tücher und später auch auf Roben zu nähen.
Die Gegenwart hatte ihren Griff fest um mich gelegt und so wurde Deron eine traurige Erinnerung, verbunden mit den Gedanken an den Zweiten Krieg.
Während ich mich schon damals sehr erwachsen gefühlt hatte, wurde es nun auch mein Körper.

Aber noch etwas geschah mit mir.

Dienstag, 20. Januar 2009

Der Kampf am See

Es dauerte nicht lange, da war es selbstverständlich, dass wir nebeneinander am kleinen See saßen. Zwischen uns lag ein stummes Einverständnis. Manchmal hatte er ein Stück Holz dabei, dass er mit seinem Messer bearbeitete. Ich saß einfach nur da und träumte. Irgendwann stand er auf und ging wieder. Ich einige Momente später. Nie zusammen.
Der Krieg lastete schwer auf unseren Schultern, auch wenn wir nie in Kämpfe verwickelt wurden. Unser Kampf herrschte woanders. In unserem Inneren.
Ich wurde so viel älter in diesem Jahr des Krieges, als ich es danach noch wurde.

Und irgendwann war es einfach vorbei.
Der Krieg und das Sitzen am kleinen See.