Freitag, 31. Juli 2009

Danke

Ich trug die Robe, jedoch anders als gedacht, nämlich in einer meiner Satteltaschen. Dennoch war allein jenes Wissen um dieses Stück Stoff genug Grund, wieder zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.
„Vela, weißt du wonach ich mich sehne?“ „Nein, aber ich weiß, dass es nicht das gleiche ist wie bei mir.“ Deron sah mich schief an, vermutlich wollte er nur ein einfaches „Nein“ hören, um fortzufahren.
„Nach einer Taverne und einem schönen Becher Met.“ Ich musste Lachen. Irgendwie gefiel mir, dass es nicht allein mir so ging und auch Deron etwas von seinem Leben entbehren musste.
Nun lag es an mir, mich für die Robe zu bedanken. Ich grübelte eine Weile, verwarf meine Ideen sofort wieder und hielt mich schließlich an einer fest.
Ich hielt Mondlicht an und wartete, dass Deron sich zu mir umdrehte.
„Danath, ich glaube deine Schwester hat eine Idee.“

Sonntag, 26. Juli 2009

Alltag

Wir zogen nun schon ein Jahr durch die Wälder. Unser Tag war dadurch bestimmt, genügend Beeren zu sammeln, uns nicht von Bären anfallen zu lassen und irgendwie die Nacht zu überleben. Was als romantisches Mädchenabenteuer begann, war trister Alltag geworden. Deron und ich schliefen abwechselnd, einer hielt Wache. Obwohl das Feuer oder zumindest die Glut uns die Nacht über warm hielt und Tiere nicht näher an uns herankommen ließ, wollten wir auf Nummer Sicher gehen. Und obwohl ich es nicht zugeben wollte, mir fehlte mein altes Leben. Mir fehlte ein Bett, eine mich bedienende Amme und ein Buch.
Ich wollte seidige glatte Haare und saubere Fingernägel. Ich war unzufrieden und ich war traurig.
Aber Deron wäre nicht Deron gewesen, hätte er das alles nicht irgendwie geahnt. Ich muss es ihm wirklich schwer gemacht haben, damals.
Umso größer war meine Überraschung, als er mit einem in Papier eingeschlagenem Bündel zu mir kam.
Ich entfachte gerade ein Feuer, als er sich zu mir gesellte.
„Vela“, er sprach nicht weiter, sondern hielt mir das Paket vor die Nase. Ich nahm es wortlos, aber mit einem alles sagenden Blick entgegen und wickelte das Papier langsam ab. Ich fühlte etwas weiches und wagte meinen Augen nicht zu trauen. „Deron!“ Ich sprach ebenfalls nicht weiter und hielt die Robe vor meine Brust, und sah anschließend an mir herab.
Eine Robe!
„Ich weiß, es ist nicht das Schönste und für dich auch nur sehr durschnittlich und deinem Stand nicht angemessen, aber….“
Ich konnte nicht anders, als ihm meinen Zeigefinger an die Lippen zu legen.
„Es ist die schönste Robe, die ich je tragen werde, Deron.“

Freitag, 24. Juli 2009

Das Traumpaar

Es war merkwürdig, dieses neue Leben zu führen. Wie ein Traum. Manchmal vergaß ich, dass wir uns eigentlich verstecken sollten, damit niemand herausfindet, wo wir uns aufhalten.
Aber wir hatten uns etwas überlegt. Verkleidet als Lanea und Danath. Meine Haare und auch meine Kleidung dürften mich vollständig unkenntlich gemacht haben. In meinem alten Leben war es nicht üblich sich Gesichter zu merken. Man merkte sich nur stilvolle Kleidung und Reichtum. Beides war im Handumdrehen von mir abgefallen.
"Sind wir Geschwister?", seine Frage lenkte mich von meinen Gedanken ab und führte mich wieder zum Wesentlichen. "Wäre dir ein Liebespaar lieber?", entgegnete ich ihm.
"Vela, es geht nicht darum was mir lieber wäre, sondern darum, dass wir möglichst lange unsere Tarnung aufrecht erhalten können." Er sah mich an, es war ihm ernst. Unsere Pferde fielen in einen gemächlichen Schritt und ich konnte nicht verhindern, dass ein Lächeln meinen Mund umspielte.
"Nun, dann wäre ein Geschwisterpaar wohl angebracht. Das sollte weniger Fragen aufwerfen."
"Ja, vermutlich."
Wenn ich Deron nicht besser kennen würde, hätte ich bei seinem Anblick vermutlich gedacht, er würde meine Entscheidung bedauern.

Dienstag, 7. Juli 2009

Kalte Asche

Alles was bisher zu meinem Leben gehörte, war fort. Geblieben waren mir Mondlicht und Deron. Sonst nichts. Meine Robe, oder viel mehr das, was noch von meiner Robe geblieben war, sollte ich vergraben. Ich saß an einen Baumstamm gelehnt und strich über den zarten Stoff, der auf meinen Beinen lag. Es war nicht nur Stoff. Es war mein altes Leben.
Es war eine Erinnerung an Wulfengard, Marilla und Mutter. Eine Erinnerung an Tanzveranstaltungen. Sogar eine Erinnerung an Stephan Tolnair. Es war eine Erinnerung an Kutschfahrten, Handküsse und Komplimente. Es war eine Erinnerung an Lordaeron, Frieden und Reichtum.
Ein Seufzen entfuhr meinen Lippen. Es war im Grunde doch nur ein einfaches Stück Stoff.
Meine Finger glitten über den Stoff, mein Zeigefinger folgte dem goldenen Faden, der in den Stoff eingearbeitet war. Er zeichnete ein Muster und ich konnte nicht aufhören diesem Muster zu folgen. Immer schneller und schneller wanderte mein Finger über das Zeichen. Eine innere Wärme durchfuhr mich ganz plötzlich und es war als erschien ein gleißender Blitz vor mir. Ich schloss meine Augen. Meine Hand erstarrte.
"Vela?!" Deron kam mit Namiria und Mondlicht am Zügel neben mir zu stehen. "Es wird Zeit, hast du dein Kleid beseitigt, wie ich es dir gesagt habe?"
Ich öffnete meine Augen. Verstört blickte ich an mir herab. Die Robe war fort, ich nickte stumm.
"Ja, ich habe sie verbrannt," entgegnete ich zögernd. Ich stand auf und in meiner zur Faust geballten Hand fülte ich einen kalten Kristallsplitter.
Deron schien nicht gemerkt zu haben, dass die Asche vor mir schon kalt war.